Michael Buback zur Freigabe der Verfassungsschutzakten im Fall Verena Becker

Wenige Tage vor der Wiederaufnahme des Theaterstücks BUBACK von Wolfgang Spielvogel im Frankfurter Autoren Theater hat der Bundesinnenminister einen Teil der Akten zu Verena Becker freigegeben. Dies war insbesondere von Michael Buback immer wieder gefordert worden. Zuletzt hatte in einem Gespräch mit dem Frankfurter Autoren Theater der Grünen-Politiker und ehemalige hessische Justizminister Rupert von Plottnitz die Freigabeforderung unterstützt. „Es ist mir kaum nachvollziehbar, welche Belange der Bundesrepublik Deutschland, nachdem 30 Jahre und mehr vergangen sind, ins Feld geführt werden könnten, um eine solche Sperre weiter zu rechtfertigen.” Der vollständige Text des Gesprächs steht auf den Webseiten des Frankfurter Autoren Theaters zur Verfügung.

Im Gespräch mit dem Frankfurter Autoren Theater am 18. März äußerte sich Michael Buback auf Fragen zur Freigabe der Akten.

Frankfurter Autoren Theater: Herr Prof. Dr. Buback, sind Sie überrascht von der Entscheidung des Innenministers? Und erwarten Sie von den 300 freigegebenen Seiten aus den Verfassungsschutzakten neue Erkenntnisse über den Tathergang 1977 in Karlsruhe?

Michael Buback: Ich bin vor allem erleichtert über die Entscheidung, obwohl ich noch nicht übersehe, welche Konsequenzen es hat, dass die Akten zur Nutzung vor Gericht freigegeben wurden, aber weiterhin als geheim eingestuft sind. Es war für mich schwer zu verstehen, weshalb Akten, die dem Generalbundesanwalt bereits vor 28 Jahren umfassend und schriftlich übergeben worden waren, jetzt nicht problemlos der Bundesanwaltschaft erneut zur Verfügung gestellt werden konnten, nachdem sie in der Behörde unauffindbar sind. Aus den Akten erhoffe ich mir Hinweise darauf, wann Verena Becker welches Zusammenwirken mit Geheimdiensten hatte. Zum Tatverlauf und zu den unmittelbaren Tätern erwarte ich keine wesentlichen neuen Einsichten. Wie bereits zu lesen war, soll Verena Becker bei ihrer Aussage die Namen der drei unmittelbaren Karlsruher Täter und sogar konkret den Schützen genannt haben. Es wäre wichtig aus den Akten zu verstehen, weshalb der damalige Generalbundesanwalt kein Ermittlungsverfahren gegen die als Schützen bezeichnete Person aufgenommen hat.

FAT: Für die nächsten Monate wird der Beginn eines Prozesses gegen Verena Becker erwartet. Verbinden Sie damit die Hoffnung auf Aufklärung des Attentats, bei dem Ihr Vater 1977 ermordet wurde, oder überwiegt die Skepsis, dass weiterhin in der Bundesanwaltschaft niemand die Aufklärung in diesem Fall zu seiner eigenen Sache macht?

Michael Buback: Für meine Familie und mich ist es wichtig, die Wahrheit über das Attentat zu erfahren. Wir können nur hoffen, dass es nun zum Prozess kommt, in dem dann auch die vielen Zeugen, die eine zierliche Person, höchstwahrscheinlich eine Frau, auf dem Soziussitz des Tatmotorrads gesehen haben, endlich ihre Aussage vor Gericht präsentieren können. Augenzeugen machten diese Beobachtung am Tag vor dem Attentat, während des Attentats und kurz nach dem Attentat. Meine Frau und ich haben inzwischen ein deutliches Bild von Tat und Tätern. Es ist belastend, dass sich die offizielle Klärung des Attentats so lange hinzieht. So sorgen wir uns auch, dass sich die für das 1. Quartal 2010 zugesicherte Anklageerhebung gegen Verena Becker durch die überraschende Entwicklung bei den Verfassungsschutzakten verzögern könnte. Viele Geschehnisse der vergangenen drei Jahre haben uns skeptisch gemacht, aber wir haben die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es eine restlose Aufklärung des Karlsruher Attentats geben wird, wie sie auch die Bundesregierung bereits im April 2007 gefordert hat.

© Frankfurter Autoren Theater

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