Baustelle RAF

Artikel in Strandgut, Ausgabe November 2009:
Das Frankfurter Autoren Theater bringt „Buback“ auf die Bühne

Vorsicht Baustelle! Ein solches Warnschild passte bei „Buback“, dem neuen Programm des Frankfurter Autoren Theaters (FAT), bestens. Zum einen ist das Stück um die Aufklärung des Todes von Generalbundesanwalt Siegfried Buback zunächst als öffentliche Probe (5. 11.) angesetzt (Premiere 26.11). Zum anderen kann der längst nicht abgeschlossene Fall jederzeit neue dramatische Formen annehmen. Innenminister Wolfgang Schäuble, der die Verena-Becker-Akten weiter unter Verschluss hält, gerät zunehmend unter Druck.

Angelehnt hat Autor Wolfgang Spielvogel seine Bühnenfassung an das 2008 erschienene Buch „Der zweite Tod meines Vaters“ von Michael Buback. Der Sohn des 1977 von der Rote Armee Fraktion (RAF) Ermordeten legt darin die verblüffenden Ergebnisse seiner notgedrungen eigenständigen Suche nach den Tätern dar – und die bewusste Irreführung der Öffentlichkeit durch die deutschen Sicherheitsbehörden offen. Die Verhaftung Beckers, die Buback durch Indizien als Mörderin seines Vaters und als Informantin des Geheimdienstes enttarnt, sowie Schäubles Sperrvermerk sind direkte Folgen.

Über die politische Brisanz hinaus interessiert Spielvogel der persönliche Prozess, den der Chemie-Prof der Uni Göttingen durchlief: „Dieser Mann war bis vor zwei Jahren ein hoch loyaler Bürger der Bundesrepublik und verlor binnen weniger Monate das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit unseres Landes“, ortet der Regisseur kohlhaassche Züge. Aber auch den vom Geist des Vaters getriebenen Hamlet erkennt Spielvogel. Dass etwas faul an diesem Staat sein muss, sei auch Bubacks Erkenntnis, der mehr als einmal an seinem Verstand gezweifelt habe.

Kein Wunder, denn das Attentat, das auch zwei Begleiter das Leben kostete, steht als erster politischer Mord in der Bundesrepublik – nach Benno Ohnesorg, wie man jetzt weiß – am Anfang der hinreichend bekannten Gewalteskalation. Die Ungewissheit, wie viel davon die der deutsche Staat billigend in Kauf genommen hat, geht auch ohne persönlichen Kontext auf den Geist. So grotesk und surreal das Stück „Buback“ scheint, grotesker und surrealer als die Realität wird es kaum. gt

„Buback“ von Wolfgang Spielvogel

Frankfurter Autoren Theater

Brotfabrik, Bachmannstraße 2-4

Öffentliche Probe: 5. November

Premiere: 26. November

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