Im Irrgarten des Lebens – FNP zu IRRLAND

Im Irrgarten des Lebens

Wolfgang Spielvogel schrieb und inszenierte anhand der Geschichten Arbeitsloser sein Stück „Irrland“. Premiere war im Gallustheater Frankfurt.

Für Spielvogel, sonst Leiter des „Freien Autoren-Theaters (FAT)“, war es die dritte Theaterarbeit einer Reihe für das Jobcenter Frankfurt. Sein „Ensemble Theater Volare“ besteht dabei stets neu aus Arbeitssuchenden, diesmal 23 Mitwirkenden ab dem 50. Lebensjahr aus acht Nationen. Seit Herbst 2013 erzählten sie ihm ihr Leben oder erfundene Geschichten und lieferten ihm das Material, das sie jetzt, von ihm in Form gebracht, darboten.

Die Groteske „Irrland“ folgt einer Episodenstruktur und enthält manche Skurrilität, aber auch einen Galgenhumor, den die Akteure (zu zwei Dritteln: Akteurinnen) ihrer Situation abtrotzen. Der Nicht-Ort Irrland benennt gleichsam Irrgärten, die das Leben für einen Menschen bereithalten kann: Sei es, dass die Biografie oder ein spezielles Ereignis in die Arbeitslosigkeit führt, sei es, dass erst diese zu allerlei Irrgärten führt.

Wenn einzelne Akteure sich als Päpstin, kreuztragenden Jesus oder Indianer im Fransenkostüm kleideten, andere biblisch als Maria Magdalena (Darstellerin: Maria Magdalena), als Mann im Frauenkleid agierten oder in Abendkleidern (wie die Conférencière/Souffleuse), so durfte man diese Buntheit auf der Bühne (Vorhang, Himmelbett, Marshmallow-Hocker, Ausstattung) als respektvolle Würdigung der Individualitäten verstehen. Nach und nach gab das Spiel, gaben die Geschichten dem gern verdrängten statistischen Faktor, zu dem Arbeitslose zu werden drohen, Menschlichkeit zurück. Da gab es die Iranerin, die unter den Mullahs nie die Chance einer Ausbildung hatte, die massenvergewaltigte Reiseleiterin, die einst an Geld gewöhnte Frau, die ihren Lebenssinn an ihren Männern durchbuchstabierte, den Koch Felice und den Mann, der als Arbeitgeber auftrat. Am Ende zog sich das etwas opernhaft, ansonsten gab Spielvogel der Vielfalt sacht einen Überbau, der für vieles Platz ließ und auf interessante Weise unterhielt.

(dek)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert