Das Monster

Das Monster

Deichseis „Rott“ im Frankfurter Autoren Theater

Anderthalb Stunden Spannung und keine Minute Langeweile. Das soll dem „maintheater Frankfurt“ erst mal jemand nachmachen. Mit Wolfgang Deichsels Kriminal-Einakter „Rott“ gastiert die freie Gruppe jetzt im Frankfurter Autoren Theater unter dem Dach der Hausener Brotfabrik. Deichsel hatte das Stück 1999 für das Kulturfest Weimar verfasst, wo Michael Quast in der Titelrolle der Uraufführung brillierte. Bei der jetzigen Frankfurter Erstaufführung glänzt Detlev Nyga, bekannt von der Dramatischen Bühne und vom Frankfurter Volkstheater, in der Gruselrolle des Rott, einer multiplen Persönlichkeit und Fortsetzung von „Frankenstein I“ aus Deichels frühen Frankfurter Tagen.

Ein Serienmörder geht um in Limburg und Osnabrück. Er schlachtet vor allem Frauen und dekoriert die Leichen mit verwelkten Blumen. Hauptkommissar Koepke brütet bis in die Nacht über seinen Ermittlungen. Zwischen den Anrufen seiner Frau, die sich um die ausbleibende Tochter sorgt, und den Anrufen überkandidelter Wichtigtuer stolpert plötzlich ein Mann ins Büro. Rott nennt er sich nach dem Mädchennamen der bei seiner Geburt gestorbenen Mutter. Er ermittelt ebenfalls. Wer ist sein Vater, dem er sein unglückliches Waisenleben verdankt? Und eine Persönlichkeit aus mehreren Personen, die nichts voneinander wissen. Doch ist er tatsächlich der Serienmörder, als der er sich ausgibt?

Regisseur Wolfgang Spielvogel hat „Das Monster im Verhör“, so der Untertitel, mit atemberaubender Dichte inszeniert. Immer wieder tauschen Detlev Nyga als Rott und Viktor Vössing als Koepke die Rollen des Verhörenden und des Verhörten. Doch wo Vössing in der Rolle des geplagten Hauptkommissars verharrt, schlüpft Nyga in alle möglichen Rollen, die das Leben seinem Rott in Gestalt wohlmeinender Helfer zugespielt hat. Er ist Frankenstein II, ein Mensch aus disparaten Persönlichkeitsanteilen, als wäre seine Psyche künstlich zusammengesetzt. Koepkes Assistent (Johannes Christopher Maier) erkennt das eher als sein Chef, reagiert aber ähnlich gespalten zwischen Mitleid und Aggression. Das Publikum bedankte sich zu Recht überschwänglich bei diesem hinreißenden Triumvirat.

Der Artikel von Claudia Schülke erschien in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 13. Januar 2009.