Der Wahnsinn eines Mörders
„Rott – Das Monster im Verhör“ kam im Frankfurter Autoren-Theater in der Hausener „Brotfabrik“ zur Erstaufführung.
Ein üppiges Abendmahl vor dem Theaterbesuch wird nicht empfohlen. Denn in Wolfgang Deichseis Kriminalfarce „Rott“ unter der Regie von Wolfgang Spielvogel wird es schnell unappetitlich.
Heinz Rott (Detlev Nyga) macht Hauptkommissar Koepke, der aus Sorge um die minderjährige Tochter permanent mit seiner Frau telefoniert, die Hoffnung auf einen schnellen Feierabend zunichte: Gleich fünf Morde, einer bestialischer als der andere, gesteht er mit beinahe lustvollem Erzählfluss. Da ist von abgeschnittenen Fingern, ausgenommenen Leibern und abgetrennten Gliedmaßen die Rede. Schnell merkt man, dass mit diesem Typen was nicht stimmt.
Doch der von Viktor Vössing mit feinsinniger Ermittlungskunst ausgestattete Kommissar stoppt seinen Assistenten Assmann (Johannes Christopher Maier), der das vermeintliche Monster schnell in Verwahrung nehmen möchte, und lässt den Mann mangels Beweisen frei. Aber der findet nicht mal den Ausgang aus dem mit Plastikfolien verhüllten Polizeibüro, kommt freiwillig zurück und erlebt einen epileptischen Anfall.
Lange braucht Deichseis Stück, um einen Spannungsbogen aufzubauen, doch dann überstürzen sich die Ereignisse in diesem Kammerspiel-Krimi, der Motive von Romuald Karmakars „Der Totmacher“ und dem Frankenstein-Stoff aufgreift und recht geschickt vermischt. Nyga gibt virtuos den Total-Psychopathen „Rott“, der immer wieder neue Horrorgeschichten auftischt, einmal als Mörder kokettiert, dann die Tat leugnet, völlig neue Versionen der eigenen Geschichte auftischt und alles auf eine verkorkste Kindheit zurückfuhrt. Der totale Wahnsinn macht sich breit und kriecht förmlich in die Zuschauerreihen hinein. Wenn der Mann kurz vor Schluss des Einakters eine Knarre in die Hand bekommt, sieht sich der Krimi-erfahrene Zuschauer schon bestätigt: Das Böse ist immer und überall. Aber es kommt anders. (jsc)
Frankfurter Neue Presse, 12. Januar 2009