Missbraucht. Drei Berichte

Der Abend des Frankfurter Autoren Theater konfrontiert mit drei Berichten, den durch sexuellen Missbrauch hervorgerufen Nullpunkt zu durchschreiten. In den Texten suchen ehemalige Opfer, die zu Objekten gemacht worden waren, wieder Subjekt zu werden.

Mit Sandra Baumeister, Ilja Kamphues und Viktor Vössing. Regie: Wolfgang Spielvogel

Sprachloses Kind überschrieb Bodo Kirchhoff seine vor wenigen Wochen veröffentliche Auseinandersetzung mit dem ihm widerfahrenen Missbrauch.

Mein Vater ist der Bericht eines mißbrauchten Mädchens (Anonym).

Alles muss raus ist Titel und Leitmotiv eines Monodramas von Wolfgang Spielvogel  zum Thema sexueller Missbrauch.

Das, was so viele geflissentlich überhören, übersehen, oder, wenn es nicht mehr möglich ist, zu ignorieren und zu bagatellisieren versuchen, das also zu erzählen und damit sich selbst mitten rein in die Diskussion zu stellen, die man damit entfacht, bedeutet für die Leidtragenden, unter einem lebenslangen Schock zu stehen. Und  Schock bedeutet Stillstand und Stillstand bedeutet Tod. Etwas muss sterben, damit man weiterleben kann.

Alles muss raus
Angelehnt an den autobiographischen Bericht Norbert Denefs versucht sich ein Mann darauf vorzubereiten, seiner Familie die sexuellen Missbrauchserlebnisse in seiner Kindheit zu offenbaren.
Das Buch Norbert Denefs und das Stück von Wolfgang Spielvogel zeigen, wie zerstörerisch sexuelle  Gewalt auf das gesamte weitere Leben eines Opfers einwirkt.

Sprachloses Kind
Auch der Frankfurter Schriftsteller Bodo Kirchhoff ist als Heranwachsender missbraucht worden.

Er selbst erklärt in seinem kürzlich im „Spiegel“ veröffentlichten Text sein ganzes schriftstellerisches Werk als die Anstrengung, das Unsagbare und unsagbar Beschämende öffentlich zu machen.

MISSBRAUCHT
Drei Berichte
SPRACHLOSES KIND
von Bodo Kirchhoff
MEIN VATER (anonym)
ALLES MUSS RAUS von Wolfgang Spielvogel
Mit Sandra Baumeister, Ilja Kamphues und Viktor Vössing
Gesang: Viktor Vössing
Tanz: Sandra Baumeister
Regie: Wolfgang Spielvogel

Zuerst aufgeführt am 28. und 29. Mai 2010 im Frankfurter Autoren Theater und an verschiedenen Orten in Frankfurt. Gastspiele des Stücks in Bad Nauheim, Marburg, Darmstadt und Wiesbaden. Kritiken u.a.  in der Frankfurter Rundschau und Offenbach Post > siehe Presse.

Alles muss raus 
Ein Kurzstück von Wolfgang Spielvogel zum Thema „sexueller Missbrauch“

„Alles muss raus“ ist das Leitmotiv in Wolfgang Spielvogels gleichnamigem Monodrama. Angelehnt an den autobiographischen Bericht Norbert Denefs versucht sich darin ein Mann (Viktor Vössing) darauf vorzubereiten, seiner Familie über die sexuellen Missbrauchserlebnisse in seiner Kindheit zu berichten. Doch weder Spickzettel noch der Vorsatz, zu üben und nochmals zu üben, helfen, das Unaussprechliche verbalisierbar zu machen.“ (FAZ über Alles muss raus). Grundlage des Stücks sind das Buch von Norbert Denef Ich wurde sexuell missbraucht sowie intensive Gespräche, die der Theaterautor und Regisseur Wolfgang Spielvogel mit Norbert Denef geführt hat.  Nach langen Jahren des Verdrängens und Schweigens ging es für Denef nicht mehr weiter. Panikattacken und Depressionen zwangen ihn darüber zu sprechen, was sehr wenige hören wollten: dass er in seiner Jugend jahrelang von einem Pfarrer und einem Kirchenmitarbeiter sexuell missbraucht wurde. Er machte sein Schicksal öffentlich, zunächst auf einem Familienfest, dann mit seinem Buch, auf seiner Homepage, bei Gesprächen und Lesungen.

Das Kurzstück von Wolfgang Spielvogel mit Viktor Vössing als Darsteller zeigt einen kämpfenden Menschen in Not, der reden will und muss und der Zuhause abgeschirmt übt, wie er das Geschehene endlich aussprechen kann. In 35 dichten Minuten erfährt der Zuschauer, was damals geschah. Er erlebt aber auch mit, was es für ein Opfer massiver sexueller Übergriffe bedeutet, sich seinen Erinnerungen zu stellen – und mit dem ihm Angetanen unweigerlich zum Störenfried zu werden.

Alles muss raus hat eine Form gefunden, Zuschauer(innen) für Diskussionen zu einem immer noch verstellten Thema zu öffnen. Berührend und reflexiv zugleich zeigt der Monolog die Not eines Menschen, für den nichts mehr normal ist, der aber inmitten der Normalität der Anderen Gehör finden will. Dabei finden sich Opfer und Täter bis heute in allen Gesellschaftsschichten – die katholische Kirche hat sich bei Norbert Denef nie entschuldigt.

Gezeigt wurde Alles muss raus bisher beim Monodramen-Marathon des Frankfurter Autoren Theaters (Herbst 2008) sowie in einer erweiterten Fassung beim Festival 100 Grad Berlin (2009).

Wir bieten Aufführungen an für feste Gruppen, die sich mit dem Thema sexueller Missbrauch fundiert befassen wollen: Schulen, Hochschulgruppen, Fachkräften in sozialen Organisationen sowie alle anderen Interessierten. Die aktuelle Diskussion über Mißbrauchsfälle zeigt noch einmal: Das Thema des Stücks ist brisant und aktuell.

Eine Antwort

  1. 23. Mai 2010

    […] Weiter lesen… Eintrag am 23.05.2010 unter: "Ich wurde sexuell missbraucht" | […]

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