Kampf gegen die «Commerzbahn»

Die turbulente Krimikomödie «Heinrich der Säger» wurde beim Frankfurter Autorentheater in der Brotfabrik uraufgeführt.

Die Schlagzeile der Boulevardzeitung ist deutlich: «Säger sägt, Polizei schläft.» Deswegen will Kommissar Stahl, von Detlev Nyga mit diabolischem Nachdruck gespielt, ermitteln: In einem Provinzkaff hat die Firma «Commerzbahn» vor, Strecken still zu legen und Arbeiter zu entlassen. Kurt Grantke, seit vielen Jahren im Dienste der Bahn, sägt nachts Stücke der Gleise aus, um den Betrieb zu sabotieren. Auf seine Tochter Theresa, hinreißend von Iris Reinhardt Hassenzahl dargestellt, hat Dorfpostbote Heiko ein Auge geworfen und will nun den potenziellen Schwiegervater damit beeindrucken, dass er den Widerstand professionalisiert. Die kriminelle Energie geht soweit, dass er ein Flugblatt aus zusammen geschnipselten Buchstaben unter dem Signum «Heinrich der Säger» entwirft und von der Firma Lösegeld in Millionenhöhe verlangt, falls sie seinen Forderungen nicht nachkommt.

Hausregisseur Wolfgang Spielvogel hat das Drehbuch des Filmes von Klaus Gietinger geschickt für die Bühne bearbeitet, nutzt Elemente des epischen Theaters, indem er die Handlung von den Schauspielern erzählen lässt. Gleichzeitig sagen die Mimen die Szenen und deren Inhalt an. Skurril entwickelt sich diese kapitalismuskritische Geschichte zu einem Comedy-Krimi. Geräusche werden von den Mimen zischend, gurrend und pfeifend erzeugt. Durch schnelles Umziehen auf offener Bühne werden gefühlte 20 Rollen von fünf Darstellern gespielt. Neben den Genannten brillieren Erich Schaffner, Sascha Weitzel und Viktor Vössing mit temporeicher Variabilität. Der finale Appell des triumphierenden, schwäbelnden Bahnvorstands an die überführten Delinquenten mutet wie ein Plädoyer für «Stuttgart 21» an. So aktuell kann – freies – Theater sein.

Von Joachim Schreiner (FNP 16.11.2010)

Eine Antwort

  1. Hans sagt:

    Ich weine um Ch. Schlingensieff

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert