Autorentheater spielt Alina Bronskys „Scherbenpark“ (Darmstädter Echo, 9. Juni 2011)

Autorentheater spielt Alina Bronskys „Scherbenpark“

Debütroman „Scherbenpark“ der Darmstädterin Alina Bronsky bald als Film und jetzt schon auf der Bühne – Nach Berlin und Stuttgart nun in Frankfurt












Nach dem Erfolg bei den Lesern macht Alina Bronskys Debütroman „Scherbenpark“ von 2008 bald im Film und jetzt schon auf der Bühne Karriere. Bettina Blümner soll das Buch verfilmen, und nach Aufführungen am Deutschen Theater Berlin und am Stuttgarter Theaterhaus ist der Stoff nun als freie Produktion in Frankfurt zu sehen. Das Frankfurter Autorentheater zeigt die Geschichte der traumatisierten Russlanddeutschen Sascha unter der Regie von Elisabeth Gabriel.

„Frankfurt“ steht auf dem roten Kapuzenpulli, den Daniela Fonda als Sascha trägt. Es könnte auch „Darmstadt“ draufstehen, denn die Autorin, die sich hinter einem Pseudonym verbirgt, kommt von hier – und das kann man im Roman auch erahnen. Auf der Bühne sind diese Spuren ebenso verwischt, wie das Ende verknappt ist. Ein pragmatischer Zugriff, denn das Stärkste an der Vorlage ist der Sound der jugendlichen Ich-Erzählerin, den die Autorin am Anfang setzt, gespickt mit präzisen Beobachtungen. Der Roman mündet auf halber Strecke in Kalkül, Kolportage und Klischee um erste Liebe, saufende Russen und tumbe Nazis. Die rund achtzigminütige Aufführung hingegen setzt kraftvoll ein und bleibt kernig bis zum Schluss.

Der Stiefvater hat Saschas Mutter und ihren Lebensgefährten erschossen. Nun kümmert sich die älteste Tochter zusammen mit einer matronenhaften Cousine des Mörders um die beiden kleinen Geschwister. Die Aussicht, den Täter nach der Haft töten zu können, treibt Sascha an. Es ist eine Heldin der Adoleszenz, die zutiefst verstrickt ist im Elend ihres Milieus und zugleich hochbegabt herausragt. Besserwisserisch und neunmalklug ist die Einser-Gymnasiastin eine Erzählerin, die sarkastisch Distanz schafft. 
Auf der Bühne macht Daniela Fonda das Gegenteil, reißt die Rolle ruppig an sich, gibt die zornige junge Frau mit körperlicher Wucht. „Ich hasse Männer“ steht auf ihrem T-Shirt, doch ihr Spiel zeigt, dass diese Parole im wahrsten Sinne eher Schutzbehauptung als Glaubensbekenntnis ist. Zu schnell verfällt Sascha der Schlafzimmerstimme ihres Gönners aus der Zeitungsredaktion, zu leichtherzig geht sie mit dessen lungenkrankem Sohn in die Kiste. Vom Mischpult aus ist Frederik Hanss in diesen Szenen mit Wort und Sound ihr Anspielpartner, und im Duett kriegen die beiden diese klapprige Dreiecksgeschichte erstaunlich locker in den Griff. Dem Roman mag der literarische Bogen fehlen, die Frankfurter Inszenierung aber zieht die wichtigsten Episoden mit beherztem Schwung durch.

Foto: Mina Reinhardt-Hassenzahl

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