Je länger, je lieber

Je länger, je lieber

Fünfzehn Autoren, vierzehn Uraufführungen: Heute Abend gibt es im Frankfurter Autoren Theater eine lange Nacht der Einpersonenstücke. Karlheinz Braun über den Monodramen-Marathon. Von Florian Balke

„Marathons“, sagt Karlheinz Braun, „sind beliebt“, ob im Sport oder in Gestalt von Peter Steins „Wallenstein“. Und was dem Theaterpublikum recht ist, ist dem langjährigen Geschäftsführer des Frankfurter Verlags der Autoren erst recht willkommen. Vor einem Jahr war Braun maßgeblich an der Gründung von Wolfgang Spielvogels Frankfurter Autoren Theater in der Brotfabrik beteiligt. Im Februar kam ihm die Idee, den Beginn der neuen Spielzeit durch ein Programm zu markieren, das Frankfurt zeigt, wie viele verschiedene Dichter, Schriftsteller und Dramatiker in der Stadt leben oder als Frankfurter Autoren ehrenhalber anderswo tätig sind.

Gedacht, getan: Braun fragte 30 Autoren, ob sie etwas für ihn schreiben könnten, 24 sagten zu, und 20 schafften es, ihre Stücke rechtzeitig einzuschicken. Einige haben zum ersten Mal etwas für die Bühne verfasst, andere haben alte Stücke aus der Schreibtischschublade hervorgeholt, die sie schon lange einmal auf der Bühne ausprobiert sehen wollten. Ausgewählt hat Braun für die Premiere heute Nachmittag und für drei weitere Aufführungen 15 Texte, die ihm besonders gut zusammenzupassen scheinen. Das Besondere: Bis auf einen Einzigen von ihnen handelt es sich bei dem, was das Publikum zu sehen bekommt, ausschließlich um Uraufführungen.

So viel Frankfurter Autorentheater war nie. Für Theaterleiter Wolfgang Spielvolgel und sein kleines Ensemble heißt das, ihr Theaterchen mit seinen beschränkten technischen Möglichkeiten für 14 Umbauten völlig umzukrempeln. „Für so ein Theater ist das eine ungeheure Anstrengung“, sagt Braun. Um die Zahl der Personen, die sich auf und hinter der Bühne tummeln, in überschaubaren Grenzen zu halten, hat er sich für die Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Form des Monodramas entschieden. Ansonsten hat er seinen Autoren nur die Vorgabe gemacht,

ihre Stücke sollten zwischen zehn und 30 Minuten lang und weder Kabarett noch Comedy sein. Was dann von allen Seiten an alten und neuen Einpersonenstücken einlief, war völlig unterschiedlich.

Neue Stücke gibt es von Zsuzsa Bank („Nur ein bisschen geblutet“), Matthias Göritz („Liebe Frau Kraus“), Andreas Maier („Scheißstimmung“) und Silke Scheuermann („Die erste Nacht“). Altes kommt vom Ehren-Frankfurter Urs Widmer („Shit im Kopf“), von Gert Loschütz („Der Sammler des Schreckens“) und von F. K. Waechter („Der Affe des Strandfotografen“). Den Loschütz und den Waechter spielt und inszeniert Peter Danzeisen, viele Jahre lang eine Säule des Frankfurter Palitzsch-Ensembles. Zu sehen sein werden aber auch Wolfgang Deichseis bislang nur auf dem Papier veröffentlichte und nie gezeigte „Androiden-Telefonate“, kurze Telefongespräche, die als Intermezzi zwischen die längeren Stücke gestreut werden. Neben Hanne Kulessas „Ich will groß werden“ – „Beinahe ein Märchen“, sagt Braun – tritt „Samurai“, das einzige schon aufgeführte Stück des Abends. Es stammt von der Nicht-Frankfurterin Dea Loher und ist eines von drei Stücken, bei denen das Autoren Theater mit der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst zusammenarbeitet.
Absolviert wird der Frankfurter Theatermarathon als Triathlon: in drei Teilen, die von 16 bis 18, von 19 bis 20.30 und von 21 bis 22.30 Uhr dauern. Weil Triathlons einen langen Atem erfordern, gibt es zur Erholung zwei Pausen und ein Essen, das im Preis inbegriffen ist. Frugal ist nur die Bezahlung der Autoren. Sie erhalten als Honorar lediglich einen Laib Brot und eine Flasche Wein. (FAZ 20.09.2008)
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