Ein Paar bekämpft sich ohne Gnade

Ulf Schmidts Debütstück „Heimspiel“ hatte Premiere beim Frankfurter Autorentheater in der Brotfabrik.

Sie trägt zwar noch das Hochzeitskleid, doch sein Outfit lässt darauf schließen, dass diese Ehe in Trümmern liegt: offene Weste über dem nackten Oberkörper, der einen ordentlichen Bierbauch vorweist.

Cornelia Falkenhans Bühnenbild bestätigt dann auch die desaströse Beziehung. In einem per Krepppapier auf  den Bühnenboden geklebten Kreis liegen leeren Flasche und gelbe Müllbeutel ohne Inhalt; der Abfall wurde auf den Boden gekippt. Ulf Schmidts Einakter schildert unter der Regie von Sabine Loew auf beklemmende Weise die Hass-Liebes-Beziehung eines verwahrlosten, arbeitslosen Paares in Zeiten von Hartz IV. Und zwar in einer Sprache, die selbst Hartgesottene an den Rand des Ekels treibt. „Fick dich ins Knie“ wird mit „Halt deine Fresse“ gekontert – noch harmlose Dialoge in diesem radikalen Stück.

Die Kampfzone ist nicht neu, alle Machtspiele und Unterwerfungsri-tuale sind schon einmal gespielt. Man muss einander quälen, um noch etwas zu spüren. Das Paar in Ulf Schmidts Arbeitslosenfarce „Heimspiel“ ist am Boden, und es behandelt sich wie Bodensatz der Gesellschaft. Nun nutzt der Autor einen Kunstgriff: Nach Art der antiken Tragödie kommt dem Mann (Erich Schaffner als debiler Grobian) und der Frau (Ricarda Klingelhöfer mit einem Rest an Contenance) ein Deus-ex-machina-Paar (Cornelia Niemann, Grande Dame des freien Frankfurter Theaters, und Philipp Sebastian als griechische Götter in bürgerlicher Kleidung) zu Hilfe. Doch nicht um die Probleme zu lösen, sondern nur, um die Versuchsanordnung zu ändern und im zerstörerischen Akt der Zerfleischung kurzzeitig zu in­tervenieren. Den höheren Mächten gefällt es, die Ohnmächtigen neu gegeneinander in Stellung zu bringen. Dazu ist ihnen jedes Mittel recht. Die Demütigungen und Erniedrigungen, die „Er“ und „Sie“ ei­nander zufügen, bekommen ein neues Gesicht. Der Existenzkampf wird sozial durchdekliniert und geht 70 Minuten lang weiter.

Stellt sich am Ende die Frage, was der 1966 in Braunschweig geborene, in Frankfurt lebende Dramatiker, der Philosophie und Germanistik studierte, mit dieser Arbeit sagen will. Mögliche Gesellschaftskritik erstickt im Delirium der Sprache.

So stands zu lesen in der Frankfurter Neuen Presse am 12.05.2009.  Autor: Joachim Schreiner

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