Morgen, übermorgen

Ein Stück und Gespräch im Autoren Theater
Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man an ein Happy End glauben. Doch nichts ist nach dieser dichten, atemlosen und geradezu körperlich beklemmenden Inszenierung schwerer vorstellbar, als dass Er und Sie noch einen Ausweg fänden. Ulf Schmidts „Heimspiel“, das jetzt in der Regie Sabine Loews im Frankfurter Autoren Theater Premiere hatte, ist das Stück zum Ende der Wohlstandsgesellschaft. Das Stück von zwei Menschen, die aus dieser Welt herausgefallen sind und denen in einer Gesellschaft, die sich ausschließlich über Arbeit definiert, nichts bleibt als ein großes, tiefes, schwarzes Loch. Und der Hass aufeinander. Ein in seinen vagen Anklängen an Beckett merkwürdiges, ein irritierendes Stück Theater ist dieses mehrfach ausgezeichnete Debüt des Frankfurter Autors, denn im Grunde gibt es, sieht man einmal von der sehr verhaltenen und kaum glaubhaften Aussicht auf eine Wende ab, nicht die Spur einer Entwicklung – nichts, was die Figuren irgendwie erklärt.
Ricarda Klingelhöfer und Philipp Sebastian sind dieses namenlose Paar auf eine Weise, die dem Sozial- und Elendskitsch, der in der Thematik lauert, keinen Raum lässt. In einer Matinee waren Schmidt und Annette Reschke vom Verlag der Autoren zuvor der Frage nachgegangen, wie man heute, da die Politik ein einziges Theater zu sein scheine, noch politisches Theater machen könne. Eine „ideelle Uraufführung“ des „Heimspiels“ stellte Reschke im Hinblick auf die offenbar missglückte Tübinger Uraufführung des Stücks in Aussicht. Doch Schmidt dachte gar nicht daran, seine Überlegungen anhand seines mehrfach ausgezeichneten Erstlings zu exemplifizieren. Ihm ging es um das große Ganze, um das Prinzip. Wenn es stimme, dass die politische Inszenierung die Mittel des Theaters übernommen habe, dann könne sich die Kunst, so seine These, nicht damit begnügen, sie schlicht noch einmal im Theaterkontext abzubilden.
„Man kann nicht, was die Medien täglich vorführen, im Theater noch mal erzählen.“ Folgt man Schmidts Vortrag,hieße die Losung „Das Politische zurück ins Theater!“, das Theater neu zu denken und das „postdramatische Drama“ gegen die ausgefeilte Inszenierung des Politischen zu setzen. Die Vorstellung eines sich wesentlich über die Form definierenden „Meta-Theaters“ ist nun allerdings auch nicht mehr so neu. Dass Schmidt aus der Perspektive eines Autors argumentierte, der – jenseits der Form – die Gegenwart mit Figuren, Konflikten und Erzählungen zu reflektieren versucht, machte den eigentlichen Reiz seiner Betrachtungen aus. CHRISTOPH SCHÜTTE

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