Müßiggang ist eine Torheit
Das Frankfurter Autoren Theater gedachte in der «Brotfabrik» Goethes 260. Geburtstags.
«In jedem von uns steckt ein kleiner Goethe», tröstete Erich Schaffner das Publikum zu Beginn seiner Revue, nachdem er mit weit ausholender Geste deutlich gemacht hatte, welches schier unermessliche Füllhorn an Weisheiten und Schönheiten der Frankfurter Bub über das gesamte deutsche Land einst ausschüttete.
Als Hausmeister war der Schauspieler auf die Bühne des Frankfurter Autorentheaters gekommen, ganz der kleine Mann, der grummelnd und verärgert sich den lästigen Pflichten stellt, die das Leben so mit sich bringt. In der Tat ein kluger Einfall, einmal nicht hehr und von hoher Warte aus Goethe zu würdigen, sondern ihn von unten zu sehen, aus der Situation eines Arbeiters.
Das Thema Arbeit war denn auch der rote Faden, der sich durch die 90minütige Show zog. Dass für den größten Klassiker unserer Sprache Müßiggang eine fast tödliche Torheit war, dass er nur in kreativer Bewegung Befriedigung empfand, konterkarierte Schaffner mit Zitaten und Beispielen, die Arbeit eher als Mord (Büchner) denn als der Menschheitsentwicklung förderlich ansahen. So sprang er quer durch die Geistesgeschichte des Abendlandes, scheute sich vor aktueller Medienschelte nicht und legte zwischendurch immer wieder mal eine Sangespause ein, dann nämlich, wenn der ganz auf Ignoranz getrimmte Pianist (Georg Klemp) unvermittelt in die Tastatur hieb und mal eben was von Beethoven oder Eisler zum besten gab, eine Vertonung von Goethe-Texten natürlich.
Bei so viel bunt aneinandergereihter Geistreichelei durfte indes der Witz nicht fehlen, und bittere Kritik an der Ignoranz so vieler, die sich mit dummen Sprüchen und Geschichten zufrieden geben. Ein bisschen wild indes ging es schon zu bei dieser Aneinanderreihung von Einfällen. Und zuguterletzt kam Erich Schaffner zu dem Schluss, dass es wohl besser wäre, Goethes Geburtstag nicht mehr zu feiern, nach all dem Schindluder, der mit ihm getrieben wurde. HH
Der Artikel erschien in der Frankfurter Neuen Presse am 31. August 2009.