Uns Robert in der Diskokugel
Ein Gernhardt -Abend in der Brotfabrik
VonJamal Tuschick
Die blutjunge Janina Zschernig als drollige Alte, die für den Sensenmann schon einen Heier-mann parat hat, damit auch Freund Hein auf seine Kosten kommt: das ist kein Kokolores, sondern köstlich – und zu sehen ist das im Frankfurter Autorentheater in der Hausener Brotfabrik.
Gemeinsam mit der fürwahr betagten Hertha Georg (als Tech-no-Djane an einem Pult auf Waschmaschinentrommeln) sowie den toscanisch betuchten Damen und Herren Cornelia Niemann und Walter Jauernich bestreitet sie einen Robert Gernhardt-Abend nach dem anderen und so auch noch ein paar Mal im Januar, wegen des kolossalen Publikuminteresses.
„Der Gernhardt ist unser Goethe“, hieß es ja schon vor Jahren, als das Präsenz noch zu Gernhardt in seiner Leiblichkeit passte – und der Vergleich wenigstens insofern nicht hinkte, als dass beide zu Lebzeiten eher unumstritten wirkten. Vermutlich kommt diese Paarung aber aus einer verdrehten Lokalisierung. Man rechnet die Dichter Frankfurt zu.
Was dabei nicht stimmt, kann gegoogelt werden. Gernhardt war jedenfalls ein Mann dieser Stadt am Main. Letzte Fragen der Menschheit beantwortete er gern mit einem Witz. Obwohl ihn das zum Schluss hart ankam. Robert Gernhardt konnte Plattitüden so in Schwung bringen, dass ihr Blödsinn zu leuchten begann. In seiner Sphäre erhob sich der Kalauer und wurde Kunst. – Und alles Schmerzliche erschien bloß makaber.
Das steht hier so in der Vergangenheit, weil sich im Fall des literarischen Tausendsassas das Fleisch der Poesie noch nicht vom Skelett der Person gelöst hat. Robert Gernhardt erscheint immer noch gegenwärtig. Man hat seine Stimme noch im Ohr, zumal und wieder mal im Autorentheater. Da kommt sie vom Band. Vernehmen lässt Gernhardt sich mit der „Geburt“ … des Teufels bekanntlich. Der trifft dann Silvio Berlusconi in all seinen sieben Villen. Beide taugen zum ewigen Thema. Auch darüber könnte man nachdenken.
Nicht weniger zeitlos als Berlusconi ist „Die Lust …“: Sie „war da, doch ich war nicht bereit./Sie stand im Raum. Ich ließ sie darin stehen./Sie seufzte auf und wandte sich zum Gehen./Noch als sie wegging, tat es mir kaum leid./Erst als sie wegblieb, blieb mir für sie Zeit“.
Wer davon ein Lied singen kann, dem ist auch das nicht fremd: „Mein Körper rät mir: Ruh dich aus!/Ich sage: Mach ich, altes Haus!/Denk aber: Ach, der/sieht’s ja nicht !/Und schreibe heimlich/dies Gedicht./Da sagt mein Körper: Na, na, na!“
Ist das nicht wunderbar?