Gott ist nur ein Mensch

Gott ist nur ein Mensch

Frankfurter Autorentheater mit Waechter-Stück eröffnet

Gott hat sich zum Kontrollbesuch angemeldet. Offenbar ist auch er nur ein Mensch. Dem angebotenen Cognac spricht er genießerisch zu, bei Fischli schmilzt er dahin, zum Schluss scheint er besänftigt. 16 solcher Bilder aus dem Band „Die letzten Dinge“ von F. K. Waechter hat das Frankfurter Autorentheater zur Revue „Frühes Drängen“ gebündelt, mit der es seine erste Saison eröffnete. 

Der vor zwei Jahren gestorbene Waechter gehörte zur Neuen Frankfurter Schule um die Satirezeitschriften „Pardon“ und „Titanic“. Er war eine Mehrfachbegabung: Als Zeichner, Schriftsteller und Dramatiker kam ihm gleicher Rang zu. Waechters Minidramen, die mitunter nur wenige Sätze umfassen, sind dramatische Bildgeschichten. Es geht um die Absurdität der menschlichen Existenz. Ein äußerstes Maß an Verknappung ist Kennzeichen der Szenen: Philosophie im Gewand des Komischen.
Regisseur Wolfgang Spielvogel stellt ein Clownsduo ins Zentrum. Rebekka Bimschas und Till Toth beherrschen alle Register vom Slapstick bis zur waghalsigen artistischen Groteske. Diese hohe Kunst stellen sie in den Dienst disziplinierter Textarbeit. Antipode in vermeintlich seriösen, würdevollen Rollen ist der grandseigneurhafte Michelangelo Ragni. Zirkusmusikalische Übergänge besorgt Beate Jatzkowski als Akkordeonistin im Affenkostüm.

Gott ist ein Mensch – den Menschen ist nichts Menschliches fremd. Es gibt Verständigungsschwierigkeiten beim stümperhaften Raubüberfall und Skandal beim adoleszenten Frauenarztspiel. Ein Manager erklärt den Aktionären den Kursverfall mit bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen in St. Goarshausen am Rhein. Der Sex mit seiner Sekretärin spielt sich in einem halsbrecherischen Akt auf einer Stuhllehne ab: Symbol der Absturzgefahr für den Wirtschaftslenker nach Beendigung der Affäre.
Die Liebe macht mich nicht schön, aber interessanter, sagt der Blick ins Spieglein in der Hand. Im fortgeschrittenen Stadium bearbeitet sie ihn schon mal imaginär mit dem Fleischklopfer, derweil er eine stellvertretend für sie stehende Matte mit dem Messer traktiert. Das Publikum konnte sich prächtig amüsieren an diesem Abend, der mit einfachen Mitteln auskam. Unter seinem Niveau musste das niemand tun. Wenn diese Revue als Appetitanreger gedacht war, ist volles Gelingen zu bescheinigen!

Artikel in der Offenbach-Post vom 13. Sept. 2007 von STEFAN MICHALZIK

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