Die letzten Dinge

Die letzten Dinge

Nun, da sie gefüllt zu werden verspricht, wird die Lücke erst so recht offenbar, die es in der Frankfurter Theaterszene gegeben hat. Der Dichter, weiß das einigermaßen begründete Vorurteil, gilt in der eigenen Stadt wenig, man blicke nur auf Goethe, dessen Denkmal bis vor kurzem an entlegender Stelle stand. Nun aber gibt es das „Frankfurter Autoren Theater“, das sich den einheimischen Dramatikern und womöglich alsbald auch Romanciers widmet. Wolfgang Spielvogel wurde auf der Suche nach einem neuen Konzept bei den hiesigen Schriftstellern fündig. Den Anfang machte „Frühes Drängen“ von F. K. Waechter, jetzt hatte ein zweiter Abend mit Dramoletten desselben Autors Premiere. Der vielseitige Mitbegründer der „Neuen Frankfurter Schule“, der einen eigenständigen satirischen Zeichenstil auf der Grundlage einer altmeisterlichen Beherrschung des Genres entwickelt hatte, war auch ein begnadeter Stückeschreiber. In diesem Jahr wäre er 70 Jahre alt geworden. Er starb vor zwei Jahren.

Mit „Armer Yorik“ begann die Aufführung auf der Bühne der Hausener Brotfabrik, einem Ein-Personen-Stück mit eingespielter Computer-Stimme, das von der finalen halben Stunde eines Raumfahrers handelt. Er ist der letzte Mensch, der die vorletzten Menschen per Anweisung an das Rechenhirn, das ihn prompt „Mörder“ nennt, umbringen lässt, um selber noch für ein paar zusätzliche Minuten Energie zu haben. In dieser Zeit nämlich will er anderem intelligenten Leben etwas auf Band sprechen, was von der Menscheit kündet. Gedichte, Nonsens und schließlich ein skurilles Kindheitserlebnis mit einem Schwein fallen ihm ein: ein rührender Abgesang, den Christof M. Fleischer mit beklemmender Geste vortrug. Auch der dritte Text des Abends gehört einem Schauspieler
allein: „Mein Stück“ handelt von einem Mann, der unversehens zum Darsteller wird und um seine Identität auf der Bühne des Lebens kämpft. 
Ulrich Rügner spielte ihn ebenso brillant wie des Teufels Großmutter in „Die Eisprinzessin“. Diese Etüde über Anziehung und Ablehnung bildet den Mittelteil der Veranstaltung.

Manuela Koschwitz als Eisprinzessin und Martin Sonnabend als König bewegten sich in diesem Spiel mit grotestken Einlagen, märchenhaften Anmutungen und psychologischen Finessen unaufhaltsam aufeinander zu. Das Stück handelt vom nicht zu bremsenden Eros und ist zudem eine Hymne auf den Süden: Die Reise zum „Glück“ (so nennt der Monarch auch sein
Gemächt) führt vom eisigen Norden nach Sizilien. Ein vergnüglicher Abend mit Texten eines Autors, der auf die Grundfragen der Existenz zielte, um immer auch das Hochkomische des menschlichen Strebens zu kennzeichnen. zer.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert